Male dir dein Leben in deinen Farben

Meine heutige Kolumne beginne ich mit einem Zitat von Pablo Picasso: «Das Geheimnis der Kunst liegt darin, dass man nicht sucht, sondern findet.» Gerade wäre ich viel lieber am Malen, anstatt zu schreiben, doch um meinen Prozess bei meinem neusten Projekt zu erklären, bedarf es Worte.

Vor mehr als zwei Wochen habe ich eine neue Projektarbeit gestartet. Im Auftrag der Gemeinden Sevelen und Vaduz darf ich für die Jubiläumsfeier der alten Holzbrücke über den Rhein zwei Tücher bemalen. Die erste Holzbrücke wurde im Jahre 1871 gebaut. Die Tücher allein sind schon eine Herausforderung, weil sie mit ihrer Grösse von je 350x160cm nämlich auf keinen konventionellen Arbeits-Tisch passen! Mein Atelier hat genau genommen einen Durchmesser von rund 350cm, was die Auslegung eines einzelnen Tuches doch ziemlich arg einschränkt. Ich bin also auf dem Tuch umhergegangen, bin hingekniet und habe dann zum ersten Mal in meinem Künstler-Leben überhaupt eine Grundierung (Silhouette) auf dem blanken Boden gemacht. Dabei hat mich mindestens zwei Mal einen Krampf im Fuss, jedenfalls für kurze Zeit, ausser Gefecht gesetzt. Später habe ich das Tuch dann auf einem Tisch und dem zur Verlängerung daran angestellten Bügelbrett hin und her geschoben, so dass ich wenigstens ab und zu beim Malen auch einmal absitzen konnte.

Für die Kunstaktion «Schatten: ÜberBrücken» sind rund zwanzig Künstler aus der Region angefragt worden. Aufgabestellung ist folgende: Es müssen menschliche Schatten/Silhouetten dargestellt sein und in der Silhouette soll unsere Kunst offenbart werden. Ich fand die Idee super und habe darum auf die Anfrage sogleich zugesagt. Die Feier am 21. August findet bei der Holzrheinbrücke Sevelen-Vaduz (also grad bei der Grenze) statt, die Tücher werden in der Passerelle der Brücke aufgehängt. Die Feier des 150-jährigen Jubiläums beginnt am 21. August 2021 um 10:00 und endet um 17:00 Uhr.

Inzwischen bin ich mit meiner Arbeit bei Tuch Nummer zwei angelangt. Mit dem Ergebnis von Tuch Nummer eins bin ich zufrieden. Dazu kann ich verraten, dass es für mich persönlich eine Reise voller Überraschungen war. Zudem hat es mich einmal mehr berührt, wie ich, ohne überhaupt gross nachzudenken, einfach drauf los gemalt habe und schlussendlich über das Ergebnis staunen durfte.

Tuch Nummer zwei hingegen ist die schwierigere Herausforderung, denn nach Tuch Nummer eins wusste ich ja, dass ich die Geschichte vom zweiten Tuch auch erzählen muss. Bevor ich überhaupt angefangen habe zu malen, wusste ich erst gar nicht, was ich erzählen werde. Das ist im Grunde genommen ja auch das Faszinierende an der Kunst. Du greifst zum Pinsel und malst Striche und Formen. Es entsteht ein Bild. Das Bild kommt aus deinem tiefsten Innern. Dann kommt immer mehr Farbe hinzu. Farben haben auch eine starke Aussagekraft. Wer meine Arbeiten kennt, weiss wie bunt meine Bilder sind.

Vor wenigen Tagen noch allerdings, wollte ich Tuch Nummer zwei wegwerfen und nochmals von vorne anfangen. Es war mir nämlich bewusst geworden, dass ich einiges falsch gemacht hatte und diese Fehler wollte ich dann alle auf einmal ausmerzen. Einfach so, als hätte es sie nie gegeben. Ich war kurz davor, die Organisatoren um ein neues Tuch zu bitten. Weil ich aber bereits vielen Stunden in dieses zweite Tuch investiert habe, wurde mir schnell bewusst, wie sehr mich seine Geschichte doch umhertreibt. So habe ich beschlossen, allem Zweifel zum Trotz dranzubleiben und das Beste aus diesem Bild und dem Sujet zu machen. Egal was noch passiert, am Schluss werde ich zu diesem Bild stehen – ohne Wenn und Aber!

Tuch Nummer eins ist lieblich und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es die Herzen der Betrachter erfreut. Tuch Nummer zwei hingegen tut dies nicht. Es wirkt eher gefährlich und für den einen oder anderen gar etwas wirr.

Was ich mit dieser Kolumne auch sagen möchte: wir können nicht immer nur lieb und nett sein. Ich beispielsweise habe mich jahrelang stets angepasst. Jedoch gibt es Situationen im Leben, bei denen wir kämpferisch auftreten sollten. Das ist ein Teil der Geschichte von Tuch Nummer zwei. In dem wir uns einfach «nur» anpassen, geben wir uns selbst immer auch ein Stückweit auf. Wenn wir aber unseren eigenen Weg gehen, dann kommen wir bei uns an. Sollte es nicht unser aller persönliches Ziel sein, bei uns selbst anzukommen?

Ich male mir mein Leben in meinen Farben. Denn in dem ich zum Pinsel greife, mache ich mich auf eine neue Reise mit meinen Erlebnissen, Gedanken, Erinnerungen, Hoffnungen und Wünschen.

Qultur-Sternstunde mit Adrian

Vergangenen Samstag, 22. Mai 2021, spielte Adrian Stern zwei ausverkaufte Konzerte im Fabriggli in Buchs. Die Events wurden beide mit dem Slogan «Adrian Stern Solo, herzerfrischender Mundart-Konzertabend» angepriesen. So ganz solo war Adrian Stern aber dann doch nicht, denn er wurde von Jean-Pierre von Dach an der Gitarre begleitet.

Für diejenigen, die kürzlich die Fernsehsendung «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert» gesehen haben, dürfte auch dieser kein Unbekannter sein. Dass die beiden Künstler musikalisch sehr gut harmonieren, war sofort hörbar. Spürbar war aber nicht nur die Harmonie zwischen den beiden, die Sympathie füreinander ist ebenso signifikant gewesen.

Das Konzert eröffnete Stern mit dem Lied «Meer schaffed das» und dies nicht wie gewohnt auf seiner Gitarre, sondern am Klavier. Der Song ist aus seinem neuen Album «Meer» und ist inhaltlich sehr reich, wie es bekanntlich viele Texte des Schweizer Musikers sind. Der Sänger und Songwriter verstand es dabei gekonnt, seine tiefgründigen Texte dem Publikum auf eine herzerfrischende Weise zu präsentieren. Es lohnt sich also genau hinzuhören: «Mir sind im gliiche Boot, aber ufem falsche Dampfer» oder beim Song «Sorge»: «S’neue Ei Fon isch duss, aber s’Alte funktioniert. S’Äpp seit Räge, aber d’Sunne schiint». Seine sonore Stimme hat den ganzen Raum gefüllt. Mit seinem jugendhaften Charme verzauberte er das Publikum vollends, hat dabei aber nicht das hier und jetzt vergessen.

Er erzählte von seinen Töchtern Juno und Mina und auch von der Mail-Konversation zwischen Jean-Pierre und ihm, die dann schlussendlich dazu geführt habe, dass sie heute gemeinsam im Fabriggli auf der Bühne ständen. Adrian hat erzählt, dass sie nervöser seien als sonst, weil sie nämlich schon lange nicht mehr auf der Bühne gestanden seien. Das Konzert war darum sehr persönlich und erzeugte gar eine besonders familiäre Stimmung.

Auffallend war ausserdem der coole Style der beiden Musiker. Ganz besonders Jean-Pierre von Dachs Schuhe waren für mich der Hingucker schlechthin!

Das neue Album «Meer» ist bereits im Februar 2021 erschienen und es findet sich definitiv ein Schuss Humor auf der neuen Musikplatte, was mir sehr gefällt.  Stern hat im Werdenberger Kleintheater auch von seinem Megahit «Amerika» erzählt und erwähnt, dass ihm sogar Menschen geschrieben haben, welche durch das Lied inspiriert wurden und tatsächlich nach Amerika ausgewandert sind. Er selber habe aber doch nur davon gesungen und sei schlussendlich dann  hiergeblieben. Denn: Wer will heute noch nach Amerika? Das Publikum zeigte sich sichtlich amüsiert. Roman Riklin, ein guter Freund von Stern, sei dann aber doch ausgewandert und habe «dä Traum vo eusem Glück» gefunden. Ihm habe er auf dem neuen Album einen Song gewidmet mit eben diesem Titel.  

Beim Konzert im Fabriggli erinnerte sich Adrian Stern für das Publikum an die Fernsehaufnahmen von «Sing meinen Song» und berichtete, dass Jean-Pierre in einer viel schöneren Umgebung proben konnte als die Sänger und Sängerinnen aus der Staffel. Wir haben dann aber vom Gitarristen erfahren, dass er noch nie so hart für sein Geld arbeiten musste und wirklich permanent am Proben gewesen sei. Pro Abend seien nämlich gleich zwei Folgen gedreht worden! Da sei der einladende Pool auf der Anlage definitiv nur schöne Kulisse gewesen. Passend zum Thema spielten die beiden Musiker dann auch noch zwei Songs aus der Sendung. An diesem Konzert hat er sich für das Lied von Ta-Shan mit dem Titel «Bombay Sauce» und anschliessend für «Through your Eyes» von Jaël/Lunik entschieden. Beide Lieder sind in englischer Sprache gehalten und haben das Mundartprogramm von Stern aufgelockert.  Die Version von Stern/Ta-Shan hat frisch und poppig und die Version Stern/Jaël aufrichtig, ungewohnt zart und dann wieder sehr kraftvoll geklungen.

Schlussendlich folgten noch «Zrugg zu mir» mit einem starken Refrain und «Das wünsch i dir». Adrian singt in diesem Song, dass uns das gute Gefühl nie verlassen soll und hat sich mit diesem Lieblingssong seiner Mutter vom Publikum verabschiedet. Bei der Zugabe sind alle 50 Besucherinnen und Besucher nochmals auf ihre Kosten gekommen, denn beim Lied «Ha nur welle wüssa» konnten wirklich jede und jeder von ganzem Herzen mitsingen. Mit diesem Song gelang Adrian Stern im Jahre 2003 übrigens der Durchbruch in der Schweizer Musikszene.

An diesem Samstagabend bin ich mit einem beschwingten Gefühl nach Hause zurückgekehrt, denn ich durfte einen grossartigen Abend mit Adrian Stern verbringen.

An dieser Stelle möchte ich noch ein grosses Dankeschön an das Team vom Fabriggli Buchs aussprechen. Grossartige Musiker wie Adrian Stern so hautnah erleben zu dürfen, ist keine Selbstverständlichkeit. Danke dafür!

Nachgefragt bei Markus Büchel

Vor ein paar Monaten war in unserer Region sein Name in aller Munde. Die Schlagzeilen in den Zeitungen lauteten: «Markus Büchel, Abteilungsleiter des Kompetenzzentrums Jugend der Sozialen Dienste Werdenberg, wurde entlassen und freigestellt. Der Buchser Stadtrat ist überrascht über diesen Personalentscheid.» oder «Mich trägt die Solidaritätswelle über diese schwierige Zeit.» Markus Büchel bleibt dem KOJ erhalten – Aufarbeitung der Vorfälle bei den Sozialen Diensten hat begonnen.

Lieber Markus, du hast kürzlich auf Facebook Charlie Chaplin zitiert: «Macht brauchst Du nur, wenn Du etwas Böses vorhast. Für alles andere reicht Liebe, um es zu erledigen.»

Was geht dir durch den Kopf, wenn ich das Wort «Macht» ausspreche?

Als erstes fallen mir dazu mehr Fragen als Antworten ein. Warum hat jemand Macht? Und was wird mit dieser Macht gemacht? Wie geht ein Mensch mit einem anderen um? Ist mein Gegenüber empathisch oder eher narzisstisch veranlagt?

Bei der Geschichte um meine ungerechtfertigte Kündigung ging es sicherlich auch um Macht. Schließlich steht und fällt vieles mit der Führungsstruktur.

Ich habe beim KOJ (Kompetenzzentrum Jugend) auch eine «mächtige Position», wenn man es so sehen möchte. Ich habe 15 Mitarbeiter, die ich führen und leiten darf. Mein Führungsstil, den ich schon seit vielen Jahren pflege, ist dass ich Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten biete. Dadurch sind meine Mitarbeiter nicht nur zufriedener, sondern sie sind auch engagierter, weil sie die Möglichkeit haben, sich einzubringen und so auch etwas bewirken zu können.

Auch privat hinterfrage ich heute viel mehr als früher. Meine Frau ist Feministin und inzwischen kann auch ich nicht mehr hinter den patriarchalen Strukturen stehen. Wer legitimiert diese? Männer? Leider ist in dieser Hinsicht vieles veraltet und bedürfte einer Überholungskur. Doch wir sind von unserer Erziehung und Qultur dermassen geprägt, dass wir solche Mechanismen oft nicht hinterfragen und auch wenn es nicht rechtens ist, lassen wir es trotzdem zu.

In der Kindererziehung geht es übrigens auch oft um Macht. Eltern kommen gerade bei diesem Thema an ihre Grenzen. Ich stelle leider fest, dass hier in den letzten Jahren ein Rollentausch stattgefunden hat. Kinder sind in manchen Familien Könige und regieren die Eltern.

Die Netflix Serie «When they see us», die auf einer wahren Begebenheit beruht, erzählt die Geschichte von fünf jungen Menschen im Alter von 14 und 16 Jahren, die unschuldig für mind. 5 bis 13 Jahre ins Gefängnis gesteckt werden. Die Jungs werden beschuldigt, eine 28-jährige Frau geschlagen und vergewaltigt zu haben. Ausser, dass sie sich am selben Abend wie das Opfer und der Einzeltäter im Central Park aufgehalten haben, gibt es keine berechtigten Gründe, die vermuten oder gar beweisen lassen, dass diese «Jugendlichen» etwas mit dem Verbrechen zu tun haben. Und trotzdem wandern sie für viele Jahre ins Gefängnis.

Was hat dich bei dieser Serie bewegt?

Gleich vorneweg ich mag generell Filme, die auf wahren Tatsachen beruhen. Nicht selten beschäftige ich mich länger damit, und zwar in dem ich recherchiere und die Geschichte anderen Menschen weiterempfehle, damit sie, wie ich auch, daraus lernen können. Erkennen, wie Menschen ticken und, wie in diesem Beispiel, dass Unrecht möglich ist und man manchmal einer Situation einfach nur ausgeliefert ist und sich nicht wehren kann.

Die Serie über die «Central Park Five» ist natürlich sehr amerikanisch und trotzdem zeigt sie auf, wie Unmögliches wahr werden kann. Ich meine, das waren wirklich noch Jungs, die grün hinter den Ohren waren, die sich nicht einmal wirklich für Sex interessiert haben und dann wird ihnen so etwas vorgeworfen. Das ist schon harter Tobak!

Es gibt sie heute noch, die klassischen Opfer, die keine Chance haben sich zu wehren. Das beschäftigt mich sehr! Es macht mich ohnmächtig und wütend zugleich. Es motiviert mich aber auch, mich zu engagieren und mich zum Beispiel im Bereich Menschenrechte einzusetzen.

Nach dem ganzen Wirbel im Frühling um meine Person, wurden mir einige Geschichten rund ums Thema Macht zugetragen, die mich aufgewühlt und die mich teilweise für einen Moment sogar sprachlos gemacht haben. Da stellt man sich schon Fragen wie: Was kann ich tun? Wie kann ich persönlich etwas verändern?

Mit dem Einrad Verein mit Sitz in Vaduz, versuche ich zu bewegen. Beispielsweise konnten wir unserem Nigeria Partner Verein in Lagos viel Geld spenden. Dort wurde eine Zirkusschule ins Leben gerufen, die unter anderem auch Einradunterricht anbietet.

In dem wir nicht tatenlos zusehen, sondern uns für andere einsetzen, können wir Veränderung erreichen. Ich glaube darum immer noch an das Gute im Menschen.

Wie gehen junge Erwachsene und Jugendliche mit dem Thema Macht um?

Im Grossen und Ganzen akzeptieren sie Machtverhältnisse so wie sie sind. Sie sind autoritätsgläubig, denn das Erziehungs- und Schulsystem bringt es ihnen so bei.

In der Pubertät ändert sich dies allerdings. Die Autorität im Elternhaus wird hinterfragt. Das war schon immer so und ist heute nicht anders als früher. Was sich geändert hat, sind die Werte. Die Machtumkehr, von der ich schon gesprochen habe.

Die heutige Klimajugend ist angepasst. Es werden demokratische Wege gesucht und nicht mehr gestreikt wie früher. Die 80er Bewegung war da viel fordernder. Mir scheint, die jungen Menschen sind durch die digitalen Medien ruhiggestellt. Global gesehen geht’s uns gut, doch das Angebot im Werdenberg finde ich, gerade was Freestylesportarten angeht, spärlich gesät. Die Gemeinden unterstützen solche Vorhaben meistens nicht, dabei sind sie doch so wichtig.

Die mobilen Skateanlagen in Buchs und in Sevelen beispielsweise haben Jugendliche selber gebaut und geschweisst. Die Begeisterung für solche Projekte ist bei der Jugend gross.

Die Coronapandemie fordert diesbezüglich auch bei jungen Menschen den Tribut. Sie werden durch den Virus nicht unbedingt körperlich krank, ihr Leidensweg ist vielmehr ein anderer. Ihnen fehlt schlichtweg die Perspektive und darum hat auch die Jugenddepression stark zugenommen.

Was für einen Einfluss haben die sozialen Medien deiner Meinung nach?

Sie haben einen manipulativen Einfluss, und zwar einen enorm grossen manipulativen Einfluss und das nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch. Ich bin der Überzeugung, dass die Lobbyisten die grössere Macht haben als unsere Politik. Uns wird eingeredet, dass wir dies und das wollen – genau das ist Manipulation! Wir sind Marionetten im System.

Dein Fazit nach über 25 Jahren Jugendarbeit?

Jugendarbeit ist wichtig. Sie ist und bleibt wichtig. Spannend finde ich, dass gewisse Dinge gleich geblieben sind wie vor 25 Jahren. Die Wünsche und Bedürfnisse der jungen Menschen haben sich nämlich kaum verändert. Ein Jugendtreff wird fast genau gleich wie damals eingerichtet.

Die Gewalt hingegen war vor 25 Jahren in Buchs viel grösser. Statistisch gesehen nimmt sie zwar seit dem Jahr 2015 wieder zu, aber das habe ich, zumindest in unserer Gegend, noch nicht feststellen können.

Es ist schade, dass die Bürokratie im Bereich der Jugendarbeit immer noch so viel Raum und Macht einnimmt und dadurch Gutes hemmt oder fast unmöglich macht.

Was würdest du tun beziehungsweise ändern, wenn du für einen Tag die Weltmacht hättest?

Ich wäre utopisch und würde alle Herrschaftsformen und das Geld abwählen.

Lieber Markus, vielen herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview. Ich wünsche dir alles Gute bei deinen kreativ-sozialen und Mut machenden Projekten – go for it!

Foto: Verein Team Ursli, Vaduz. In der Mitte vorne Markus Büchel.

Macht macht was mit dir

Vor ein paar Tagen habe ich einen sehr guten Film geschaut. Ich liebe es, wenn mir ein Film so richtig unter die Haut geht. Dabei wurde mir wieder einmal mehr bewusst, wie oft Macht missbraucht wird und dass leider kaum ein Mensch mit der ihm verliehenen Macht umgehen kann.

Bild: Pixabay

«Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.» Abraham Lincoln

 

Der Film beginnt folgendermassen: Der stark übergewichtige Richard Juwell verteilt die Post, er ist eine Art Mädchen für alles. Jedenfalls befindet sich Richard vor dem Büro von Watson Bryant, ein Anwalt, der gerade ein lautstarkes Telefonat führt. Beim Zuhören von diesem Gespräch wird sofort klar, dass der Anwalt nicht auf den Mund gefallen ist. Richard macht bei den kommenden Begegnungen mit seinem Vorgesetzten ebenfalls die Erfahrung, dass der Anwalt zwar sehr direkt, aber auch stets korrekt ist. Die zwei Männer könnten eigentlich nicht gegensätzlicher sein. Trotzdem entsteht eine unverbindliche, aber kollegiale Freundschaft. Als Richard wieder einmal im Büro des Anwaltes steht, teilt Richard Watson mit, dass heute sein letzter Arbeitstag ist und er sich darum nun von ihm verabschieden möchte. Richard wird fortan als Security auf einem Campus arbeiten. Wegen seines Übergewichtes und seiner lieben, aber auch etwas unterwürfigen Art, traut man Richard diese Aufgabe allerdings nicht wirklich zu. Bei der Verabschiedung schenkt ihm Watson 100 Dollar und gibt ihm einen besonderen Rat mit auf den Weg. Watson weiss nämlich von Richards Traum, eines Tages Polizist werden zu wollen. Er rät ihm, nicht zum Arschloch zu mutieren, wenn er seinen Traum erreicht hat und Polizist ist. Richard verteidigt sofort die Polizei und meint, dass Polizisten bestimmt keine Arschlöcher sind. Watson kontert, schlagfertig wie er ist, mit der Aussage, dass nicht jeder Mensch gleich gut mit Macht umgehen kann. Wie Recht er doch damit hat! Der Film ist nicht nur superspannend, er erzählt zudem auch eine wahre Begebenheit. Ich kann den Film somit wärmstens empfehlen! Mich persönlich hat die Geschichte nicht nur gut unterhalten, sie hat mich auch sehr nachdenklich gemacht, ja sogar zu Tränen gerührt. Clint Eastwood ist nicht nur ein verdammt guter Schauspieler, sondern er ist auch ein hervorragender Regisseur.

 

Ich möchte mich nochmals kurz zur Person Richard Juwell äussern, der leider inzwischen verstorben ist. Richard entsprach wahrlich nicht dem gängigen Schönheitsideal. Meiner Meinung nach ist ihm dies teilweise sogar zum Verhängnis geworden. Nach dem Attentat von 1996 in Atlanta, wurde er zunächst drei Tage lang als Held gefeiert, denn durch seine Entdeckung konnte Schlimmeres verhindert werden. Doch aufgrund seines Aussehens und seiner speziellen Art, wurde er schnell als Hauptverdächtiger gehandelt. Das FBI und die Presse waren unerbittlich und verstanden es gekonnt, Richards Leben zur Hölle zu machen.

Der Fall Richard Jewell – hier geht’s zum Trailer

Warum aber hat sich das FBI damals so auf Richard fokussiert? Ganz klar, sie wollten unbedingt den Täter fassen, was ja gut und recht ist. Relativ schnell wurde aber klar, dass Richard, wenn überhaupt, niemals als Einzeltäter gehandelt haben kann. Und hier fängt das eigentliche Problem an, worauf ich mit dieser Kolumne hinaus will. Das FBI ist eine Institution, die von Menschen geführt wird und die Erfolg bringend wirtschaften muss. Fehler werden nur sehr ungern, viel lieber aber gar nicht zugeben und in ihrem Tun werden die Verantwortlichen nicht nur immer machthungriger, sondern auch gewiefter.

 

Solches Verhalten ist leider keine Seltenheit, damals wie heute nicht. Es geht auch nicht andauernd um ein Attentat, wie in diesem Film. Eines bleibt aber gleich, nämlich das Motiv. Somit wiederholt sich die Geschichte immer und immer wieder, nur mit anderen Menschen in der Hauptrolle und verschiedenen Themen im Fokus. Die Wurzel des Übels ist aber stets dieselbe! Die unbändige Gier nach Macht. Dazu gehören beispielsweise Manipulation und Korruption.

 

Ich möchte meine heutige Kolumne mit den Worten von Albert Camus schliessen: «Kein Mensch besitzt so viel Festigkeit, dass man ihm die absolute Macht zubilligen könnte.»

Schönheit entdecken und bewahren

Die letzten Wochen und Monate habe ich mich intensiv mit dem Thema «Schönheit» auseinandergesetzt. Zurzeit findet nämlich in unserer Region die Kunstausstellung «Schönheit im Werdenberg» statt und da ich Teil vom OK-Team bin, ist es wohl kein Zufall, dass ich heute auch über dieses Thema schreiben möchte.

Bild: Julia Keller

In diesem Zusammenhang zitiere ich gerne Christian Morgenstern. Aber nicht etwa, weil ich keine eigenen Ideen zu diesem Thema habe, sondern weil ich überzeugt bin, dass er schlicht und einfach recht hat.

«Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.»

Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Kürzlich hat mich eine Freundin und zugleich Lektorin für viele meiner Texte gefragt, wie jeweils die Themen in meiner Kolumne entstehen. «Das ist ganz unterschiedlich», habe ich ihr geantwortet, «aber eigentlich lasse ich mich diesbezüglich immer von meinem Gefühl leiten. Ich setze mich an den Computer und schreibe einfach drauf los. Warum mir gerade dies oder das in den Sinn kommt, weiss ich manchmal selbst nicht. Ich greife aber meistens Themen auf, die mich die Woche durch beschäftigt haben. Teilweise greife ich Aussagen von Mitmenschen auf, die mich nachdenklich gestimmt oder besonders berührt haben. Und manchmal setzt sich auf einmal eine Idee in meinem Kopf fest, die ich unbedingt zu Papier bringen muss.»

Mir ist bewusst, dass Schönheit sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Das macht für mich heute auch wirklich Sinn, denn wenn alle nur das schön finden würden, was ich als schön empfinde, dann hätten wir nicht mehr so ein vielfältiges Angebot, ganz egal, worum es sich dabei handelt. Somit hätte vieles automatisch auch keine Berechtigung mehr. Ich meine, unsere Welt funktioniert nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage und wenn die Nachfrage ausbleibt, dann ist es «wirtschaftlich gesehen» vorbei. So ist es nun einmal – sorry! Dieses Prinzip ist natürlich nicht auf meinem Mist gewachsen.

Ich bin nämlich sehr froh, dass es noch Menschen gibt, die nicht dem Mainstream nacheifern und sich indirekt gar vorschreiben lassen, was gut, was schön und was gesund für sie ist. Umso wichtiger erachte ich es darum, was gerade auch aktuelle Ereignisse betrifft, dass jeder für sich persönlich entscheiden darf, was gut und schön in seinem Leben ist. Unsere Einzigartigkeit macht es im Grunde genommen unmöglich, dass wir in ein 08/15-Schema gepresst werden. Wir müssen darum unbedingt lernen zu erkennen, dass wir genau so sein dürfen, wie wir geschaffen sind. Natürlich können und sollen wir uns persönlich weiterentwickeln und an unseren Aufgaben wachsen. Uns dabei aber selbst zu gefallen, ist wohl für die meisten Menschen eine der schwierigsten Lebensaufgabe überhaupt. Es spielt alles in allem gar keine Rolle, ob blond, rot, braun oder schwarz (hier ist nicht nur die Haarfarbe gemeint) und es spielt auch keine Rolle, ob man studiert oder eine Lehre gemacht hat. Wenn wir zufrieden mit uns sein können und das aus tiefster Überzeugung, weil wir im Reinen mit uns sind, dann haben wir gewonnen. Dann haben wir nämlich etwas, was die meisten Menschen nicht haben. Neid und Missgunst sind uns dann fremd, denn mit der Annahme unserer Persönlichkeit, also unseres Seins, haben wir alles was wir brauchen. «Haben oder Sein», darüber hat Erich Fromm, im Jahre 1976, ein gesellschaftskritisches Werk geschrieben, welches heute noch seine Gültigkeit hat.

Ich denke, dass Frieden und Schönheit auf emotionaler Ebene gleichzusetzen sind. Innerer Frieden hat ebenso eine beruhigende und faszinierende Wirkung wie das Schöne. Ob nun so oder so, wünsche ich uns allen, dass Frieden in uns einkehrt und die Schönheit aus uns herausstrahlen kann. Die Liebe ist stärker als der Hass und somit wird die Schönheit immer einen Weg finden, um sich zu zeigen.

Unter www.schoenhe.it findet Ihr viele Infos zur anfangs erwähnten Ausstellung «Schönheit im Werdenberg». Das für diese Kolumne ausgewählte Bild zeigt einen Ausschnitt einer Himmelsleiter, welches für mich persönlich mit Frieden, Wachstum und Schönheit zu tun hat.

Viel Spass beim Erkunden der Schönheit in unserer vielfältigen Region! Die Himmelsleiter ist auf dem Areal vom EW Buchs ausgestellt.

Bild: Julia Keller