Im Gespräch mit Marco Rima

Marco ist ein Geschichtenerzähler und viele Geschichten schreibt er selbst. Er lässt sich vom Leben, von seinen Mitmenschen und vor allem von alltäglichen Situationen inspirieren. Marco Rima gehört endlich wieder auf die Bühne.

Vor über 40 Jahren hat er seine Berufung gefunden und sich in der Schweiz und in Deutschland einen Namen gemacht. Er ist nicht nur Kabarettist, er ist auch Autor, Schauspieler und Produzent.

«Ich weiss es nicht», das bekommt man von ihm immer wieder mal zu hören.

Ich durfte Marco Rima kürzlich in seinem Zuhause besuchen und ihm ein paar Fragen stellen.

Lieber Marco, was für Erkenntnisse hast du in den letzten zwei Jahren gewonnen?

Dass man in dieser schwierigen Zeit vielen Herzensmenschen begegnet ist. Es beweist, dass es viele Menschen gibt, die zusammenpassen. Das ist auch für die Liebe überlebenswichtig oder für sich selbst. Darum müsste man den Spruch: «Ohne dich könnte ich nicht leben» ändern in «Ich könnte ohne dich leben, aber es wäre schade, wenn ich es müsste.

Wäre die Coronazeit einfacher gewesen, wenn du nicht so bekannt wärst?

Ich weiss es nicht. Am Schluss vom Tag ist man der, der man ist, und vor allem so, wie man ist. Und so bin ich, wer ich bin. Ich war jetzt nicht besonders mutig oder ich hatte auch nicht das Gefühl, ich mache jetzt etwas ganz Bedeutendes.

Verglichen mit anderen warst du schon mutig, denn du hast dich früh und vor allem öffentlich zu Corona geäussert. Und dies in einer Phase, in der man gar nicht wusste, wohin das Ganze führen wird. Warum hast du das gemacht?

Für mich ist das ganz normal. Ich bin so erzogen worden. Ich sage einfach, was ich denke. Da ich in der Öffentlichkeit stehe, müsste ich vielleicht zwei Mal überlegen, was ich sage, aber «Carola» hat uns alle direkt betroffen und auch wenn ich Freunde habe, die mir davon abraten, mich zu politischen Themen zu äussern, weil man da nur verlieren könne, kann ich nicht anders, denn ich bin ein Teil der Gesellschaft und ich trage Verantwortung.

Wie ist dein Verhältnis zu den Medien?

Ich habe ein Verhältnis? Wenn das bloss meine Frau nicht liest…

Jetzt im Ernst, wenn ich einen Fehler mache, ist es sofort eine Schlagzeile wert. Das ist das Gemeine an der Geschichte, aber ich bedaure es trotzdem nicht, denn ich bin um viele Erfahrungen reicher. Bedauerlicherweise gibt es Medien, die mich in eine Ecke gestellt haben, aus der ich nicht mehr rauskomme. Ich wurde als Fussabtreter instrumentalisiert. Und nur eine direkte und klärende Begegnung mit dem Menschen, der mich in diese Ecke gesteckt hat, kann mich wieder rehabilitieren. Es braucht für alles immer zwei. 

Was ist das Geheimnis deines Erfolges?

Geheimnisse verrät man nicht und ich weiss es halt auch da nicht. Sicherlich sind mir auf meinem Weg viele gute Leute begegnet und noch heute begleiten mich wichtige Menschen, die für meinen Beruf und auch für mich privat entscheidend sind. Ich spreche da auch von meinen Eltern, meiner Schwester, überhaupt von der ganzen Familie und von Freunden. Meine Schwester war mein erstes Publikum. Danach waren es die Klassenkameraden und meine Verwandten. Zudem habe ich andere Künstler kennengelernt. Es gibt zahlreiche Menschen in meinem Leben, die mich getragen haben ohne es zu merken.

Dass ich dann erfolgreich wurde, hat nicht nur Angenehmes mit sich gebracht. Klar, dass man davon leben kann und erst recht der Berufung nachgehen konnte, das war und ist ein Geschenk. Doch ein Geschenk, welches man annimmt, bedeutet auch Verantwortung. So wurde ich Unternehmer und damit auch Arbeitgeber eines 12-köpfigen Teams. Bei der Realisierung eines Musicals zum Beispiel sind es bis zu 70 Mitarbeiter. Es geht also nicht nur um mich. Ich glaube, das haben viele nicht begriffen. Darum waren die letzten 24 Monate für die Kulturbranche und somit auch für mein Unternehmen dramatisch und haben mich manchmal schlaflos zurückgelassen. Das einzig Gute aus negativen Erfahrungen ist, dass man daraus lernen kann, aber natürlich nur, wenn man will.

Macho, unterdrückter Ehemann, Hypochonder, verrückter Professor – Marco Rima auf der Bühne – wen sehen die Zuschauer wirklich?

Ich zeige mich immer vollumfänglich. Von der Berufung her wollte ich immer gerne die Leute zum Lachen bringen. Und ich spüre stark, dass ich jetzt ein Programm machen möchte, bei dem sich die Menschen einfach zurücklehnen und lachen können. Meine Zuschauer sollen über das Leben und über meine Unzulänglichkeiten lachen können.

Nach zwei Stunden Unterhaltung mit Marco Rima hoffe ich, dass das Publikum mit einem guten Gefühl nach Hause gehen kann und dass eine schöne Erinnerung an diesen Abend zurückbleibt.

Du hast dich in den vergangenen zwei Jahren auch als Satiriker ausprobiert.

Genau, die Pandemie war diesbezüglich eine Chance, mich in diesem Genre via YouTube einem Publikum zu zeigen. Markus Somm, Chefredaktor Nebelspalter, ist zwei Mal auf mich zugekommen. Beim zweiten Mal habe ich dann meine Zweifel über Bord geworfen und zugesagt und der Rima-Spalter war geboren.

Der Nebelspalter hat mir freie Hand gelassen und es war eine willkommene Aufgabe, die ja auch mit Kreativität zu tun hat, weil ich ja mein 40-jähriges Bühnenjubiläumsprogramm zwei Mal verschoben und beim dritten Mal abgesagt habe. In der Zeit beim Rima-Spalter habe ich mich mit der politischen Lage auseinandergesetzt und darüber nachgedacht, was es bedeutet, sich politisch zu engagieren. Ausserdem habe ich mich gefragt, wie es wohl Alain Berset oder Ueli Maurer geht. Ich möchte nicht wissen, was sie teilweise abbekommen haben. Mit dem Finger auf andere zeigen, das ist einfach. Wir dürfen nicht aufhören miteinander zu reden und einander die Hand zu reichen. Wir leben in einer ganz speziellen, aber auch spannenden Zeit. Ich glaube, dass darum jeder angehalten ist, sich immer wieder zu fragen, wo er steht und was er persönlich einbringen kann.

Was ist dein täglicher Antrieb?

Mein Antrieb war und ist immer, dass ich Menschen unterhalten möchte. Leute zum Lachen bringen, das hat mir immer sehr gefallen. Einerseits habe ich Schwächen damit kompensiert oder aber ich habe mich versteckt – hinter dem Lachen bzw. hinter dem Clown-sein. Anderseits ist man mit einer grossen Klappe sofort im Mittelpunkt und muss damit umgehen können. Das hat auch etwas Herausforderndes, wie vieles im Leben. Von Vorteil ist es, wenn man gut dabei wegkommt.

Ich habe gehört, dass du eine kleine Tournée planst. Was kannst du uns darüber berichten?

Die letzten paar Wochen habe ich mich zurückgezogen und habe in meinem kleinen Büro an meinem neuen Programm gearbeitet.

In diesem Raum kann ich komplett abschalten und bin in einer ganz anderen Welt. Hier kann ich positive Gedanken fassen und mich kreativ austoben. Ich habe beschlossen, dass NO PROBLEM sterben muss. Was ja kein Problem ist, da NO PROBLEM! Jetzt ist Platz für «ICH WEISS ES NICHT…». Denn ich weiss wirklich nicht, wie es im Herbst aussieht. Ich weiss es nicht und du weisst es wahrscheinlich auch nicht. Somit haben wir etwas gemeinsam und davon erzählt das neue Stück. Von alltäglichen Situationen und besonders schön und lustig wird es, wenn das Publikum Gemeinsamkeiten zwischen sich und mir findet. Mit «Carola» ist Schluss, was meine Frau ungemein freut.

Auf der Bühne bin ich, was ich bin, weil ich bin. Jede Bewegung, die wir Menschen machen, hat einen Einfluss. Ob die Menschen meine Comedyshow besuchen, hat einen Einfluss, aber nicht nur auf mich, sondern auf beide Seiten. Das ist der Grund, warum das Publikum und ich an diesem Abend miteinander verbunden sind. Es ist wie eine Liebesgeschichte. Ich werde auch ein Liebeslied singen, meiner Lieblingsstadt Melbourne gewidmet. Schreiben und Komponieren ist immer Handwerk. Ich glaube nicht an Zufall. Es passiert Grossartiges, wenn die Muse dich küsst. Man kann es plötzlich in Worte fassen. Darum nehme ich mir im Moment alle Zeit, weil ich merke, dass es wächst und es stimmig ist, auch wenn ich manchmal total erschöpft bin. Es ist etwas Faszinierendes und diesen Flow und diese Verbindung zur Kreativität erlebe ich seit 20 Jahren.

Wie unterstützt dich deine Frau Christina bei deiner Arbeit?

Christina ist meine Managerin und erledigt alle Büroarbeiten, so dass ich mich nur auf das Kreative konzentrieren kann.

Wenn ich das erste Mal auftrete, ist dies für mich eine komplette Überforderung. Denn es ist alles auswendig gelernt. Ich bin dann so sehr in meiner Blase drin, dass ich abliefere und hoffe, dass es gut kommt. Dann ist die Show irgendwann fertig und meine Frau fragt, wie es gelaufen ist, und dies, obwohl sie im Publikum sass. Sie kriegt einfach nichts mit! Sie hat nur Kopfweh vor lauter Anspannung.

Ich habe meiner Frau verboten jemals wieder in die erste Reihe zu sitzen, denn einmal schaute ich sie ganz zu Beginn der Vorstellung an und sie gähnte schon bei meinem ersten Satz ihr berühmtes Rhinozerosgähnen. Das sieht in ungefähr so aus, als würde sie sich selbst verschlucken. Die Show war in dem Moment für mich, jedenfalls für einen kurzen Augenblick, gelaufen. Ich habe mich dann aber wieder gefangen, schliesslich bin ich Profi.

Ich darf Christina auch nichts vom aktuellen Programm erzählen, weil das wäre, wie wenn ich als Bäcker einen Sanitärinstallateur frage, bei welcher Temperatur ich die Brötchen backen soll.

Marco, hast du vielleicht auch eine melodramatische Seite?

Und wie, ich bin Melodrama pur. Meine Mutter ist mal zum Kinderarzt gerufen worden und da hat der Dr. Havlig gesagt: «Frau Rima, gehen sie einfach nicht auf ihren Mann und ihren Sohn ein, denn so wie die sich benehmen, sind sie eigentlich dauernd am Sterben oder morgen schon tot. Nicht, dass sie nichts haben, aber es ist nicht so dramatisch.»

Ich bin beim Fussball der gewesen, der gefoult worden ist, der sich schmerzverzerrt auf dem Boden gewälzt hat und wenn dann gefragt wurde, wer schiesst den Penalty, dann war ich der Erste, der sich meldete und beim Penaltypunkt stand.

Kannst du gut mit Kritik umgehen?

Ja, wobei ich nicht grad vor Freude juble, vor allem wenn die Kritik aus dem privaten Umfeld kommt. Kritik kommt bei mir immer an, selbst wenn ich im ersten Moment sauer reagiere, dann sogar erst recht.

Ich nehme mir Kritik meist zu Herzen und brauche Zeit, um sie zu verarbeiten. Und ich kann mich entschuldigen, wenn ich etwas falsch gemacht habe. Das war nicht immer so.

Was geht dir total auf den Keks?

Gemeinheiten. Boshaftigkeit. Ungerechtigkeit.

Kannst du gut NEIN sagen?

Nein. Mein Vater hat mich immer gefragt: Weisst du, was 9 auf Englisch heisst? Dann habe ich geantwortet: Nein.

Ich kann es immer besser. Mein Nein ist dann aber auch ehrlich und keine faule Ausrede.

Du bist ausgebildeter Pädagoge. Was denkst du heute über deinen Erstberuf?

Ich bin nicht sehr glücklich mit unserem Schulsystem, weil es auf Wettkampf ausgerichtet ist. Es hat nur wenig mit Förderung von Talent zu tun. Das Begleiten von Kindern auf ihrem Weg, das ist eine riesige Aufgabe für eine Lehrperson und dafür hat diese mit dem Lehrplan 21 gar keine Zeit und auch keine Ressourcen.

Als ich meinen Erstberuf ausgeübt habe, habe ich diesen Beruf geliebt, aber ich bin diesbezüglich ein Kurzstreckenläufer gewesen und kein Marathonläufer.

Ich würde mir wünschen, dass alle Menschen in ihrem Beruf Ihre Berufung finden.


Lieber Marco, vielen herzlichen Dank für das offene und unterhaltsame Gespräch. Ich freue mich jetzt schon auf den 10. Juni 2022. Dann sehen wir uns nämlich bei «ICH WEISS ES NICHT…» in Landquart.

 

 

Bis dahin könnt Ihr Marco Rima als Lockvogel bei «Verstehen Sie Spass?» oder als potenziellen Autokäufer erleben.

Und bei Interesse könnt Ihr hier Tickets für die Tournée buchen.

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