
JULIA KELLER / 15.09.23
34 Kunstschaffende präsentieren ihre Werke zum Thema.
Qultur hat mit Fredy Sutter von der Projektgruppe ART-NET gesprochen. Dieser befindet sich im Schlussspurt der Vorbereitungen. Erwartungsvoll und mit viel Vorfreude verrät Fredy im nachstehenden Interview, was uns in der kommenden Zeit bis zur Finissage in Grabs am 4. November 2023 im Werdenberg erwartet.
Lieber Fredy, die Kunstausstellung VERBORGEN steht in den Startlöchern. Wie geht es dir?
Gut, allerdings ist mein Kopf ziemlich voll mit Terminen und Pendenzen. So ein grosses Projekt auf die Beine zu stellen, ist mit viel Arbeit und Herzblut verbunden. Ich bin dankbar für die grossartige Zusammenarbeit im Team ART-NET. Zwar stehe ich hier Rede und Antwort, aber hinter dem Ganzen steckt viel mehr als nur eine Person.
Genau, deshalb werfen wir jetzt gemeinsam einen Blick hinter die Kulissen. Wie seid ihr auf das Thema VERBORGEN gestossen?
Im Miteinander und im Austausch haben wir im Verlauf der vergangenen eineinhalb Jahre immer wieder erlebt, dass wir uns im Team gut ergänzen. Jemand hat einen Impuls gegeben und ein anderer hat es ergänzt. So zu arbeiten, ist eine wunderbare Erfahrung und wertvoll. Bei der Themenfindung wie auch bei sonstigen Aufgaben durfte ich erleben, dass wir uns gemeinsam auf die Suche gemacht haben. Wir haben Themen bewegt, sind drangeblieben und haben immer wieder Lösungen gefunden.
Und was sind deine persönlichen Gedanken zum Thema?
Das Verborgene ist nicht auf Anhieb erkennbar – es will erkundet werden. Sich einlassen, erfordert Zeit und Entdeckergeist. Loslassen von Denkmustern und Erfahrungen sind dabei hilfreich.
Dieser Text steht auch in der Ausstellungsbroschüre. Ist dieser Text das Ergebnis deiner persönlichen Erfahrungen?
Ja, so ist es. Jeder macht in seinem Leben verschiedene Prozesse durch. Seit zwei Jahren bin ich theoretisch pensioniert. Praktisch bin ich es noch nicht ganz, aber ich nehme mir heute mehr Zeit für Dinge, die mir am Herz liegen. Ich habe festgestellt, dass das Leben, je älter ich werde, umso spannender wird. Vielleicht auch, weil ich mir jetzt gewisse Freiheiten herausnehme, die ich mir früher nicht genommen hätte. Sich auf Neues einzulassen, ist sehr bereichernd, das gilt meiner Meinung nach für alle Lebensbereiche.
Ich sehe da viel Parallelität zum Kindsein. Dieses (Aus-)probieren, entdecken und es erneut versuchen, wenn es nicht gelingt, steht im krassen Gegensatz zur Denkweise von Erwachsenen. Diese überlegen zuerst, ob es sich überhaupt lohnt.
«In der Verbitterung schwelt verborgen der Schmerz über unser Versagen.» Das ist von Hans Arndt, Schriftsteller. Was sagst du dazu?
Ich mag generell keine pauschalen Aussagen zur Gesellschaft. Was ich aber aus meinen Erfahrungen für Schlüsse ziehe, ist Folgendes: ich stelle tatsächlich fest, dass es verbitterte Menschen gibt und das gar nicht mal so selten. Verbitterte Menschen machen Aussagen wie: «Es lohnt sich nicht, es gibt keine Hoffnung, es gibt keinen Grund, neue Schritte zu wagen, etwas zu verändern.»
Gerade hier lohnt es sich zum Beispiel ins Verborgene zu schauen. Träume faszinieren mich, weil da Unbewusstes aufblitzt! Es tauchen Gefühle und Erinnerungen auf, die zu einem gehören und die aufgearbeitet werden wollen. Für die Seele ist es heilsam, wenn wir Licht ins Dunkle bringen. Dafür braucht es Mut, denn Schritte in etwas Unbekanntes zu wagen, ist unbequemer als an Altem festzuhalten. Konkret bedeutet es, die Komfortzone zu verlassen.
In der Verbitterung findet sich oft das Thema, dass man unbewusst an einem Schmerz festhalten oder sich damit erklären und rechtfertigen möchte. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Ich erlebe glücklicherweise auch das andere. Menschen, die sogar im hohen Alter noch neue Schritte wagen.
Bei meinem Vater beispielsweise habe ich erlebt, wie er mit 70 Jahren zum ersten Mal auf den Boden gekniet ist, um mit seinen Enkeln zu spielen. Ich habe ihn davor nie in dieser Haltung gesehen. Er wirkte danach auf mich viel weicher und gelassener.
Was ist jeweils deine Motivation, so ein grosses Projekt zu lancieren?
Allein würde ich so ein Projekt nie ins Leben rufen. Wir haben das Projekt zu dritt mit einer Portion kindlicher Naivität und Gottvertrauen begonnen. Ich sage bewusst kindliche Naivität, weil es wieder ums altbekannte Denkmuster geht. Lohnt sich dies und das?
In der Arbeit von ART-NET erlebe ich immer wieder, dass wir beschenkt werden. Das ist ein wesentlicher Faktor, den ich auch bei unserem ersten Projekt mit der Kunstausstellung Schönheit erlebt habe. Unmögliches wird möglich, wenn man vorwärts geht und es einfach macht. Das ist mein persönlicher Antrieb auch bei dieser Ausstellung. Durchs Machen und Ausprobieren kommen eigene Gaben und Qualitäten zum Vorschein. Ich bin überzeugt, dass es jemanden gibt, der über uns ist, der Vorbildcharakter hat, gerade auch im kreativen Schaffen, und das ist für mich der Schöpfer. Gott.
Wie viele Personen sind im OK und wie viele sind bei der Organisation in der Endphase beteiligt?
Wir sind zu fünft. Thomas Beerle, Andreas Inauen, Sepp Köppel, Helen und Fredy Sutter.
In der Endphase sind es ca. noch 10-12 Kunstschaffende, die uns beim Aufstellen der Werke helfen.
Empfindest du die Zusammenarbeit mit Kunstschaffenden als kompliziert oder unkompliziert?
Weder noch. Ich empfinde sie als wertvoll. Jede/r ist eine Persönlichkeit.
Kunstschaffende ticken oft anders als Menschen, die in der Wirtschaft tätig sind. Dort geht es um Gewinne, Zeitoptimierung etc. Durch meine Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern werde ich nicht selten angeregt, selbst etwas Neues auszuprobieren oder es aus einem anderen Blickwinkel anzuschauen und dann neu zu bewerten.
Gerade wenn es um Glaubensfragen geht, bin ich der Meinung, dass Kunstschaffende unsere Gemeinschaft ungemein bereichern. Sie denken frei und sind nicht fixiert.
Hast du uns eine Anekdote?
Ein Künstler hat ein Buntglas-Kirchenfenster eingereicht. Mein erster Gedanke war, dass wir doch kein Fenster, das bereits montiert ist, an einem anderen Ort ausstellen können. Ich war skeptisch, doch es liess mich nicht los. Gemeinsam haben wir dann eine Lösung gefunden, in dem wir es abfotografiert und auf ein Plexiglas haben drucken lassen.
Wo wird überall ausgestellt? Nenne uns ein paar wichtige Eckpunkte und Eckdaten:
In Sevelen der Hauptstrasse entlang und beim Bühlriet/Betagtenheim.
In Buchs beim Bahnhofplatz, Rathauspärkli und dem Werdenbergersee entlang.
In Grabs zwischen der reformierten Kirche und dem katholischen Begegnungszentrum.
Es werden auch vier Kunstspaziergänge, kombiniert mit Apéros und zwei Workshops, stattfinden. Alle Informationen befinden sich auf den Broschüren und auf https://art-net.online/
Geborgen bedeutet sicher und gut aufgehoben sein. Verborgen ist, wie du bereits gesagt hast, nicht sofort erkennbar, aber doch da – existent. Wohin zieht es dich mehr?
Zur Geborgenheit im Verborgenen! Ich kann mich erinnern, dass ich schon als Kind eine tiefe Sehnsucht nach einem Ur-Zuhause verspürt habe. In der persönlichen Auseinandersetzung mit Verborgenem, unter anderem in der Natur, habe ich zu einer lebendigen Beziehung zu Gott gefunden.
Inzwischen bin ich überzeugt, dass mutige Schritte ins Unbekannte letztlich zu mehr Leben und Erkenntnis führen als das Verweilen im Bekannten und vermeintlich Sicheren.
Lieber Fredy, vielen Dank für das Interview. Wir wünschen allen Beteiligten wie Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung VERBORGEN viel Freude beim Entdecken, Erleben und Erfahren.
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