Das Interview zur Lesung von Kuno Bonts «Störfall»

Fotos: Theres Schlienger
Kuno Bont ist in der Region als freischaffender Filmemacher, Regisseur und Drehbuchautor von Theaterstücken, Filmen und Musicals bekannt. In der Bibliothek Buchs hat er am 25. Januar 2023 sein neues Drehbuch «Störfall», an dem er insgesamt sage und schreibe 7 Jahre gearbeitet hat, einem interessierten Publikum vorgestellt. Es ist ein Nachfolgeprojekt des bereits veröffentlichten Films «Das Deckelbad» (2015).

JULIA KELLER / 27.01.23

Ein Gast, ein Buch, der Buchtalk. Der regional bekannte Filmemacher erzählt aus seinem Drehbuch STÖRFALL. Kuno Bont ist kein Schnellschreiber, wie er uns verrät. Seine Drehbücher beinhalten zu den Dialogen die für ihn wichtige Geräuschkulisse, die dem Drehbuchleser ein Bild vermittelt und auch Emotionen besser transportiert. «Geräusche geben oder nehmen Tempo», so Bont.

Störfall, die Geschichte eines Vaters, dessen schwuler Sohn sich mit HIV ansteckt und später von der Staatsanwaltschaft angeklagt wird, weil er wissentlich andere damit angesteckt haben soll, spielt in den 80er Jahren. Die Geschichte Störfall resultiert aus verschiedenen Beobachtungen Kuno Bonts, die schlussendlich von ihm zu einer Geschichte verwoben wurden. Die Grundlage zum Buch sind verschiedene Begegnungen und schicksalshafte Geschichten.

Der Drehbuchautor erzählt von einem Rheintaler Vater, der mit dem Schicksal hadert, weil er einen schwulen Sohn hat. Von einem Vater und einer Mutter, die sich für ihren schwulen Sohn einsetzen, aber auch von einem Vater, der mit der Frühpensionierung zu kämpfen hat. Einem Vater, der gegen die Bürokratie mit dem sogenannten Paragraphenreiter und den immer länger werdenden Vorschriften kämpft und sich dabei komplett verirrt. Bei Störfall handelt es sich konkret um das Psychogramm eines Vaters. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der mit der ganzen Situation nicht mehr fertig wird. Der Schluss ist fiktional. Kuno Bont erzählt, dass er schlussendlich vor der Alternative stand, entweder einen Mann zu zeigen, der «in sich hinein kämpft» und daran zugrunde geht, oder einen Charakter darzustellen, der wortwörtlich vor Wut und Schmerz platzt. Kuno hat sich für die zweite, für die aufsehenerregendere Variante entschieden. Nicht um Schlagzeilen zu machen, sondern um den Finger draufzuhalten und zu sagen: «Versteht die Menschen besser, schaut, was und warum sie es machen und woher die Provokation kommt.»

Die Herausforderung für Bont ist nicht der eigentliche Film. Die Herausforderung ist eher, was er für einen Film machen will. Er orientiert sich am Leben, welches passiert, und das ist dann Authentizität. Bont: «Ich will einen Film machen, den man sofort versteht, und das kann man nur, wenn er authentisch ist. Die Herausforderung ist aber auch, eine Dramaturgie zu erschaffen, denn ein Film geht in der Regel 1, 5 Stunden und es ist nicht gut, wenn man nach fünf Minuten einschläft! Also muss ich mich vor allem um die Dramaturgie kümmern. Man darf die Elemente nicht unterschätzen, die so eine Geschichte unterstreichen. Was passiert hier? Es gibt leise, sogar stille Momente, aber es gibt auch schnelle Reaktionen, die bringen Tempo ins Geschehen und sind meist laut. Die Erzählart ist auch eine wichtige Herausforderung. Alles andere, wenn’s dann darum geht, den Film zu machen, das war für mich nie ein Problem und ich bin zuversichtlich, dass das so bleibt.»

Auf die Frage, ob der Film in schweizerdeutscher Sprache erscheint, weil das Drehbuch einige Ausdrücke aus der Region beinhaltet, gibt Kuno preis, dass die Authentizität eben hier anfängt, zum Beispiel mit der gewählten Sprache. Bont: «Das gehört zu mir, darum drehe ich meine Filme immer noch hier und nicht in Zürich oder im Wallis.»

Es ist nicht Bonts erstes Filmprojekt. Als ich ihn frage, was heute anders ist, antwortet er: «Gegenüber früher bin ich aus dem, was ich beim ‘Deckelbad’ gelernt habe, noch kritischer geworden. Ein noch genauerer Beobachter, es ist das, was mich schon ein Leben lang begleitet. Leute beobachten, beschreiben, was sie tun und wie sie sind. Ich habe seinerzeit beim W&O jeden Samstag eine Reportagenserie eingeführt. Wir sind bei den Leuten in der Stube gestanden, im Stall oder wir haben sie in der Wiese beim Heuen mit der Kamera begleitet. Ich bin älter geworden und nicht mehr ganz so geschmeidig. Ich kann mich beim Autofahren über einen Schleicher gottvergessen aufregen, was früher nicht der Fall war.»

Als ich Kuno Bont darauf hinweise, dass er scheinbar Wesenszüge des Protagonisten Hans Steiger hat, lacht er und ich glaube zu erkennen, dass ich damit gar nicht so Unrecht habe. Ein gemeinsamer Wesenszug der beiden könnte auch die Sturheit sein.

Im Publikum taucht gegen Schluss die Frage auf, wie Kuno Bont vom Gemeindepräsidenten zum Filmemacher wurde. Diese Frage beantwortet Kuno mit Daumen und Zeigefinger. Damit stellt er klar, dass er in seinem Leben nur so viel Gemeindeammann war. Es handelt sich um eine Zeitspanne von 8 Jahren. Er sagt: «Ich wollte eigentlich Schauspieler werden, doch mein Vater meinte, ich müsse etwas Richtiges lernen. Ich habe dann die Lehrstelle auf der Gemeinde Oberriet absolviert. Ich bin ein anständiger und netter kaufmännischer Angestellter geworden mit einem tollen Abschluss. Später habe ich zum Journalismus gewechselt. Dort zuunterst angefangen als Dorfkorrespondent, der am Sonntag in der Küche Bilder entwickelt und vergrössert hat, bis ich gefragt wurde, ob ich zur Zeitung möchte. So bin ich zum Rheintaler gekommen und ein waschechter Rheintaler geworden. Danach wurde ich als Gemeindeammann gewählt, damals nannte man das noch so.

Während meiner Zeit dann beim W&O als Chefredaktor, begann ich Filme zu drehen. Ich wurde mehr und mehr zu dem, was ich schon immer hatte sein wollen. Als Jugendlicher war es noch Schauspieler, mit den Jahren hat es sich gewandelt. Heute kennen mich die Menschen als Kuno Bont, der Filmemacher.»

Der nächste Gast beim Buchtalk in der Bibliothek Buchs ist Armin Öhri, ein liechtensteinischer Schriftsteller. Er bringt den Klassiker «Krieg und Frieden» von Tolstoi mit. Also bitte Datum vormerken: 26. April 2023, neu ab 20 Uhr, wie immer in der Bibliothek Buchs.

Maturaarbeit von Julia Rusch

Kommt mit dem neuen Jahr die langersehnte Veränderung?

Bekanntlich werden zum Jahreswechsel gerne gute oder gar einmal mehr «neue Vorsätze» getroffen, die dann meist nicht lange eingehalten werden. Warum eigentlich? Sind wir nicht zufrieden mit dem, was wir haben, oder was noch viel wichtiger ist, sind wir vielleicht doch nicht so glücklich, wie es der Anschein hat? Konkret könnte das auch heissen, dass wir nicht zufrieden mit uns selbst sind – mit dem, was wir sind oder mit dem, was aus uns geworden ist.

JULIA KELLER /28.12.22


Woher kommt also der Wunsch nach Veränderung? Was lässt Menschen nach Veränderung streben? Und warum fällt es dann oft so schwer, sich wirklich auf die Veränderung einzulassen, wo wir uns doch oft genau diese Veränderung gewünscht haben? Und was hat Veränderung mit Freiheit zu tun?

Wenn du mit deinem Leben restlos zufrieden bist, wirst du vermutlich nichts daran ändern wollen. Fakt ist aber, dass die meisten Menschen in irgendeinem Bereich ihres Lebens unglücklich sind. Meist betrifft es mindestens einen der folgenden Bereiche: Arbeit, Beziehung(en), Familie oder die körperliche Fitness.

Zunächst einmal möchte ich der Frage nachgehen, was Veränderung für den Menschen bedeutet. Sich zu verändern, bedeutet in bestimmter Hinsicht «anders» zu werden. Es ist das Loslassen von etwas Altem und der Beginn von etwas Neuem. Grundlegende, bewusste Veränderungen benötigen oft Geduld und Zeit. Daran scheitert nicht selten der eine oder andere grad schon zu Beginn des Vorsatzes. Doch bleiben wir an der Veränderung dran, so steigt die Chance immens, dass es uns später viel besser gehen wird. Es darf hierbei nicht unterschätzt werden, wie wichtig bzw. entscheidend der eigene Wille ist. Oft ist dieser zu schwach gegen das Umfeld, das im gewohnten Trott weitermachen möchte und sich keine Veränderung herbeiwünscht. Wenn wir uns aber gegen die Muster, die sich in all den Jahren angesammelt und entwickelt haben, durchsetzen können, dann werden wir frei!

Plötzlich wird uns bewusst, dass wir ganz allein entscheiden dürfen, wohin wir gehen, was wir tun und nicht tun, was wir essen und was wir nicht mehr essen wollen, was wir sagen und wo wir lieber schweigen wollen und noch vieles mehr.

Oft stecken wir noch in unseren alten Kinderschuhen fest und merken nicht, dass wir erwachsen geworden sind.

Sehr oft fühlen wir dieses «Frei-sein» nicht, weil wir in einer Abhängigkeit zu irgendetwas oder irgendjemandem stehen. Lösen wir uns aus diesen Fesseln, so sind gute Vorsätze hinfällig, denn wir gehen von nun an dorthin, wo unser Herz und unser Verstand uns hinführen und dies hoffentlich das ganze Jahr hindurch.

Kürzlich sagte meine Schwester zu mir, dass sie handwerklich nicht sonderlich begabt sei. Und eine gute Freundin schrieb mir, sie würde auch gerne so schön malen können wie ich. Wenn Menschen alten Glaubenssätzen folgen, können sie ihr Potential nicht gänzlich entwickeln, weil sie stets etwas hemmt. Wann hat meine Freundin das letzte Mal ein Bild gemalt? Und hat meine Schwester wirklich zwei linke Hände? Natürlich nicht! In uns steckt so viel mehr, als wir denken. In unserem Veränderungspotential findet sich die absolute Freiheit und somit wartet dort das grosse Glück auf uns.

Qultur – Im Gespräch mit Philipp Lonsky

Philipp Lonsky lebt mit seiner Familie in Sevelen im Kanton St. Gallen. Der gebürtige Österreicher mit liechtensteinischem Dialekt arbeitet als Lehrer am Liechtensteinischen Gymnasium in Vaduz. Er unterrichtet Sport und Informatik. In seiner Freizeit ist er in der Band bROCKoli Schlagzeuger und auch Sänger. In seiner Freizeit komponiert er Songs und schreibt Geschichten. Im Dezember 2021 veröffentlichte Philipp seinen ersten Roman «Blöd gelaufen».

Jetzt, ein Jahr später, ist sein neues Buch «HOPE 15» erschienen.z 

JULIA KELLER /7.12.22

Lieber Phil, worum geht es in diesem Buch und was bedeutet der Titel des Buchs?

Mein neues Buch heisst HOPE 15 und ist ein Zukunfts-, aber kein Science-Fiction-Roman.

Worin besteht da der Unterschied?

Science-Fiction ist für mich vor allem Fantasy. Dabei geht es meist um fremde Zivilisationen und Raumfahrtthemen. Mein Buch ist ein Zukunftsroman und erzählt von der Welt in zwanzig Jahren. Es ist eine Vision, die möglichst realistisch und erdbezogen erzählt wird.

Und was bedeutet die Zahl 15?

Die Hopes sind Abkürzungen für spezielle Schutzcenter für Menschen. Bei diesen Menschen handelt es sich um Überlebende. Weltweit existieren etwa 50 solche Einrichtungen, doch in meinem Buch geht es um das Schutzzentrum Hope15, welches das nächstgelegene Zentrum unserer Region ist.

In meinen Geschichten geht es meist ums Thema «Was wäre wenn…?». Der Grundgedanke bei dieser Geschichte ist «Was wäre, wenn die Natur eines Tages genug vom Menschen hat und auf eine möglichst sanfte Art versucht den Menschen auszurotten?». Im Buch steht eine 4-köpfige Familie im Mittelpunkt des Geschehens und diese versucht mit der eben beschriebenen Situation umzugehen.

Bist du in der Zeit der Coronapandemie auf die Idee gekommen?

Nein, das fragen mich jedoch viele. Die Idee ist bereits im Jahre 2018 entstanden. Dieses Phänomen, nämlich eine Idee zu entwickeln, die dann wenige Monate später Realität wird, ist mir übrigens schon mehrfach begegnet. Vor vielen Jahren habe ich ein Musical geschrieben über ein paar Jungs, die sich in einem Experiment befinden. Sie erfahren, dass sie ein Jahr lang beobachtet werden, und dann kam im realen Leben das Fernsehformat Big Brother. Das hat mich schon etwas geärgert.

Sind deine Figuren im Roman reale Personen oder sind es Philippanteile, die im Buch richtiges Leben eingehaucht bekommen?

Es sind durchs Band erfundene Figuren. Vielleicht stelle ich manchmal einen Charakter so dar, wie ich selbst gerne wäre, aber im Grossen und Ganzen lasse ich meiner Fantasie freien Lauf und freue mich darüber, wenn eine Figur humorvoll oder möglichst authentisch rüberkommt.

Hier liest euch Philipp Lonsky eine Buchpassage von «Hope 15» vor.

Was unterscheidet sich von deinem ersten Roman «Blöd gelaufen» zu deinem zweiten Roman «HOPE 15»?

Bei meinem ersten Roman habe ich einfach so drauflosgeschrieben. Für Roman Nr. 2 lag mir nach dem Brainstorming ein 90-seitiger Entwurf mit den einzelnen Szenen vor, welche ich nur noch ausformulieren musste.

Ich habe munkeln gehört, dass du bereits einen dritten Roman in petto hast, stimmt das?

Ja, aber dabei handelt es sich um eine Fortsetzung von HOPE 15. Ich hatte so viele Einfälle, dass ich gemerkt habe, dass ich besser eine Fortsetzung schreibe, als dass der erste Roman ein dicker und unhandlicher Schinken wird.

Deine Hobbys nehmen sicherlich viel Zeit in Anspruch. Was macht Philipp sonst, wenn er nicht gerade arbeitet, schreibt oder musiziert?

Ich geniesse das Leben und meine Freiheiten. Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein. Ich bin auch gerne zuhause und brauche keinen Rummel. Zu tun, was ich möchte, nicht den Gesellschaftszwängen zu unterliegen, das ist für mich Freiheit.

Lieber Phil, vielen herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Qultur wünscht dir viel Erfolg mit deinem neuen Buch.

 

Das Buch HOPE 15 kann bei Philipp direkt unter philipp.lonsky@bluewin.ch bestellt und abgeholt werden oder in den handelsüblichen Buchläden der Region gekauft werden.

Advent und kaum ein Lichtlein brennt

Advent und kaum ein Lichtlein brennt

 

Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt.
Erst eins, dann zwei,
dann drei, dann vier,
dann steht das Christkind vor der Tür.

Autor unbekannt

 

Ich möchte mit euch meine Gedanken zum Thema Licht teilen.  

Ohne Licht kein Leben. In diesem Punkt sind sich Naturwissenschaftler und Theologen einig. Nicht selten ist die Rede von einem Lebenslicht, das mit der Geburt gleichsam entzündet wird, und das Sterben wird als Erlöschen eben dieses Lichts beschrieben.

«Ihr seid das Licht der Welt», sagt Jesus in der Bergpredigt, Matthäus 5.

Mit dem gegenteiligen Begriff «Finsternis» werden in der Bibel alle gottfeindlichen Kräfte der Welt bezeichnet. Auch das individuelle Leiden des Menschen kann als Finsternis beschrieben werden. Mit Finsternis kann auch eine bestimmte Weise zu leben gemeint sein – das Leben in der Ferne zu Gott.

Gott hat jedenfalls bei vielen Menschen nicht die höchste Priorität und bei manchen Menschen hat er überhaupt keinen Platz mehr. Und trotzdem feiern die meisten Menschen hierzulande Weihnachten. Modern ausgedrückt, handelt es sich um das Fest der Liebe. An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob dafür nicht der Valentinstag zuständig ist? Ebenso ist für mich eine Fussball WM um diese Jahreszeit definitiv gewöhnungsbedürftig.

Letztes Jahr, so meine Erinnerung, durfte man nur im kleinen Kreise Weihnachten feiern und dieses Jahr werden wir dazu aufgefordert, möglichst wenig Strom zu verbrauchen. Was ist bloss los mit unserer Welt? Zum dritten Mal hintereinander erleben wir, dass seitens Bundesrat Empfehlungen bis sogar Anweisungen zum Weihnachtsfest gemacht werden. Ich hoffe sehr, dass dies nicht zur Normalität wird!

Eins beruhigt mich doch sehr, und zwar, dass das Licht stärker ist als die Dunkelheit. Das ist und war schon immer so und wird sich auch nie ändern.

«Die ganze Dunkelheit der Welt kann das Licht einer einzelnen Kerze nicht löschen.» Franz von Assisi.

Dieser Beitrag wurde letztes Jahr um diese Zeit aufgenommen. Mitten in der Pandemie konnte das Konzertprogramm SYMPHONIC WORSHIP am 20. und 21. November 2021 in Steffisburg vor über tausend mitsingenden Zuschauer/innen aufgeführt werden. Viele Proben mussten virtuell durchgeführt werden. Nach der Zwangspause dann der besagte Auftritt. Das sorgte bei den Zuschauern, Musikern und Sängern für grosse Emotionen.

Das Interview zum Buchtalk mit Petra Näf

 
Als Stadträtin leitet Petra das Ressort Gesundheit und Alter. Sie ist aber auch Familienfrau. Ihre inzwischen fast erwachsenen Kinder, 17 und bald 20 Jahre alt, sieht Petra als grosses Geschenk und Bereicherung. In ihrer Freizeit treibt Petra gerne Sport und sie leitet seit vielen Jahren Seniorenturngruppen in Buchs und Räfis.

 

Passage aus dem Buch von Wolfgang Krüger:
«Meist wissen wir zu wenig über Freundschaften. Obwohl sie sehr wichtig sind, stehen sie nicht im Fokus unserer Aufmerksamkeit. Denn im Allgemeinen unterschätzen wir ihren Einfluss auf unser Lebensglück. Deshalb gibt es tausende Bücher über die Liebe und nur wenige über Freundschaften.

Sicher sind Liebesbeziehungen oft aufregender. Wir verleben tolle Nächte, geniessen die Erotik, den Rausch der Gefühle. Aber dies macht die Liebe auch anfälliger für Affekte, für Kränkungen und emotionale Schwankungen. Demgegenüber sind Freundschaften etwas distanzierter und dadurch stabiler.»

Was hat es mit der Passage auf sich, die du vorhin vorgelesen hast? Hat sie vielleicht auch etwas mit dir zu tun? Wie wichtig sind dir Freundschaften?
Mir ist so richtig bewusst geworden, dass Freundschaften einen konstant durchs Leben begleiten. Sie sind wie ein Grundpfeiler. Und in schwierigen, gar kräfteraubenden Situationen können sie wie ein Fels in der Brandung Kraft und Unterstützung geben. Das ist besonders wertvoll. 

Zitat aus dem Buch: «Freundschaften können uns ein tiefes Gefühl der Sicherheit geben. Was eine gute Mutter oder ein guter Vater für das Kind ist, können verlässliche Freundschaften für uns Erwachsene sein. Sie können uns das Gefühl vermitteln, dass wir nie ganz allein sind. Sie helfen uns die dunklen Stunden des Lebens zu überstehen.»

Was hat dich sonst noch im Buch bewegt oder überrascht? Findest du grad eine Stelle, die du uns vorlesen kannst?
«Ein Streit zwischen wahren Freunden und Liebenden bedeutet gar nichts. Gefährlich sind nur Streitigkeiten zwischen Menschen, die einander nicht ganz verstehen.»

Wenn man sich wirklich versteht, dann sind auch Meinungsverschiedenheiten meist kein Problem, denn man schätzt das Gegenüber und tritt wohlwollend auf. Freundschaft basiert auf Vertrauen und Vertrauen braucht Zeit. Ich glaube, man kann erst von Freundschaft reden, wenn man sich gut kennt, dafür braucht es auch Tiefgang.

Wie bist du auf dieses Buch gestossen?
Ich leite eine Nordic Walking Gruppe mit Seniorinnen. Dort hat mir eine Teilnehmerin einen Zeitungsartikel mit dem Titel «Keinen Freund zu haben ist ein furchtbarer Mangel an Glück» mitgebracht. Ich las das Interview mit Wolfgang Krüger und fand den Artikel sehr interessant. Darum habe ich das Buch bestellt.

Wie definiert der Autor des Buches «Freundschaft»?
Wahres Interesse am Menschen/am Gegenüber. Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Und man kann nicht unzählig viele Freundschaften pflegen. Ich habe gelesen, dass man 300-500 Stunden miteinander verbringen sollte, damit man sich gut genug kennt und das nötige Vertrauen aufbauen kann, das es braucht, um Freunde zu sein.

W. Krüger: «Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgendetwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr.»

Also stimmst du mit ihm überein?
Ja, definitiv. Ich, zum Beispiel, pflege Freundschaften mit Spaziergängen im Wald. Ein Waldspaziergang wirkt sich ohnehin schon positiv auf Körper und Geist aus. Kommt dann noch ein gutes Gespräch hinzu, ist das einfach wunderbar.

Wie weit würdest du für eine Freundschaft gehen? Das Buch behandelt auch dieses Thema auf Seite 41 – Juden verstecken vor Adolf Hitler
Wir leben glücklicherweise nicht in einer solch schwierigen Zeit. Ich kann daher nicht sagen, wie weit ich wirklich gehen würde, vor allem wenn ich mein Leben dafür lassen müsste.

Es ist aber halt schon so, dass man in Krisen spürt, wen man als Freund bezeichnen kann.

Gibt es laut Krüger einen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfreundschaften?
Gemäss Krüger pflegen Frauen grundsätzlich häufiger Freundschaften als Männer. Ausserdem schreibt Wolfgang Krüger «…sind Männerfreundschaften häufig sachlicher und weniger emotional. In den typischen Männerfreundschaften spielt gemäss Autor der gemeinsame Sport häufig eine grosse Rolle oder man spricht beispielsweise über Autos – aber wenig über sich selbst. Häufig hätten Männer grosse Schwierigkeiten, sich emotional zu öffnen. Daher stellt sich Krüger die Frage: Sind solche Beziehungen krisentauglich?» Das finde ich eine interessante Frage.

Seid ihr auf der Stadtratsebene befreundet oder seid ihr Kollegen, sozusagen kollegial verbunden?
Wir sind Kollegen. Im Stadtrat geht es um sachliche Diskurse und nicht um uns als Privatperson. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass wir einen respektvollen Umgang miteinander pflegen, aber es geht dabei wie gesagt um sachliche Themen und nicht um private Angelegenheiten. Da wir uns alle für die Entwicklung von Buchs und der Region interessieren, haben wir natürlich auch ausserhalb unserer Sitzungen genügend Gesprächsstoff. So können wir vielleicht von Berufsfreundschaften sprechen.

Und wie ist es mit deinen Kindern? Bist du heute Mutter oder Freundin?
Ich bin Mutter. Ich musste glücklicherweise nie «die gute Freundin für sie sein», weil ich meinen Kindern viel Zeit geschenkt habe und meine Mutterpflichten ernstgenommen habe. Die Basis unserer Mutter-Kind-Beziehung ist Liebe. Als Mutter möchte ich meinen Kindern einen sicheren Rahmen geben.

Können Tiere laut Wolfgang Krüger einen Freundschaftsersatz sein?
Wir haben eine Katze namens Mira. Sie ist für uns eine grosse Bereicherung, aber kein Freundschaftsersatz. Laut Krüger ist es möglich. Als Beispiel nimmt er die Beziehung Mensch – Hund.

Können vielleicht Bücher ein Freundschaftsersatz sein?

Der Autor verrät uns, dass wir in Büchern auf viele Menschen/Figuren treffen, mit denen wir innerlich Freundschaft schliessen können.

Tatsächlich erinnere ich mich an eine Begebenheit vor vielen Jahren. Ich hatte meiner Tochter die Geschichte von Pippi Langstrumpf vorgelesen. In der Fasnachtszeit wollte sie dann gerne als Pippi verkleidet in den Kindergarten gehen. Die Kindergärtnerin hat mir im Nachhinein erzählt, wie anders sich Valeria als sonst verhalten hätte. Durch das Kostüm der Pippi war sie viel mutiger und extrovertierter als sonst. Somit können solche Figuren schon einen Einfluss auf uns haben, das sehe ich auch so.

Was sind Todsünden einer Freundschaft?
•             Unzuverlässigkeit

•             Die Nehmerhaltung

•             Tratscherei

Freundschaften im Alter – sozusagen dein Fachgebiet, was gibt es hier zu berichten?
Schon früh sollte man sich die Frage stellen: Verfüge ich über so intensive Freundschaften, dass ich auch ohne Partner über eine gute soziale Stabilität verfüge. Freundschaften sollten daher genauso wie Liebesbeziehungen gepflegt werden.

Kannst du uns auch ein paar Informationen über den Autor preisgeben?
Wolfgang Krüger ist Psychologe und Psychotherapeut mit Schwerpunkte Ängste Psychosomatik, Partnerschaft und Freundschaft. Er publizierte mehrere erfolgreiche Bücher zu zentralen Themen von Liebesbeziehungen.

Wir sind jetzt am Ende gelangt. Kannst du uns noch eine finale Buchpassage vorlesen?
Echte, tiefe Freundschaften sind nur mit solchen Menschen möglich, die über eine ausgeprägte Beziehungsfähigkeit verfügen. Sie können wirkliche Bindungen mit anderen Menschen eingehen, weil sie eine intensive Beziehung mit sich selbst pflegen. Anders ausgedrückt: Diese Menschen haben eine tiefe Freundschaft mit sich selbst geschlossen. Sie kennen sich selbst und waren in der Lage, ihre Minderwertigkeitsgefühle zumindest teilweise zu überwinden. Durch ihre vielfältigen Interessen verfügen sie über ein reiches Innenleben und haben damit den Schlüssel zum glücklichen Leben gefunden.

Wenn wir so intensiv leben, sind wir zu einer echten Begegnung fähig, die noch lange in uns nachwirkt. Dann gehören wir zu jenen Menschen, die uns tatsächlich ihre ganze Hand und ihre volle Aufmerksamkeit geben, während uns die Durchschnittsfreunde immer nur den kleinen Finger in Form ihrer sparsamen Zuwendung reichen. Das war auch die Überzeugung von Carl Zuckmayer. Er schrieb einmal, die wichtigste Voraussetzung für die Freundschaft sei: «…die Aufgeschlossenheit, das Weit-Offen-Sein der Herzen, auch für die flüchtige, vorübergehende, unscheinbare Zufälligkeit der Begegnung, und die Bereitschaft, davon gerührt… zu werden.»

Petra: Wir müssen aufmerksam durchs Leben gehen, mit dem Herzen offenbleiben, denn wir wissen nie, wann uns der nächste Freund im Leben begegnet.

Danke dir, liebe Petra, für das sehr aufschlussreiche Interview zum Thema Freundschaft.

Ich möchte mich mit folgendem Zitat von dir und unseren Gästen hier in der Bibliothek Buchs verabschieden:
«Une vie sans amis serait comme un jardin sans fleurs.»
Ein Leben ohne Freunde wäre wie ein Garten ohne Blumen.

Hinweis: Am 25. Januar 2023 um 19 Uhr wird Kuno Bont, freischaffender Filmemacher, aber auch Regisseur für Theater und Musical uns sein neues Filmdrehbuch vorstellen. Und Qultur darf ihm dazu ein paar Fragen stellen. Wir freuen uns schon sehr darauf.